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Erbschaften

Wenn wir heute von Erbschaften sprechen, dann meistens mit folgendem Hintergrund. Entweder geht es um eine Erbschaft nach dem Tod eines Verwandten, oder um Erbgut aus genetischer Sicht.

Aber was ist den unser Erbe wirklich? Die materielle Hinterlassenschaft eines Verstorbenen ist ein wohlgehüteter Schatz. Dabei ist eigentlich recht klar, dass wir nackt und ohne Besitz zur Welt kommen und diese ebenso wieder verlassen. Wieso brauchen wir im Leben denn materiellen Besitz und müssen diesen auch noch an unsere Kinder vererben? 
Ich bin froh, dass wir mittlerweile mehr oder weniger begriffen haben, dass man andere Menschen nicht besitzen darf oder sollte. Früher haben wir sie auch noch vererbt. Mit dem Vieh (entschuldigt den abwertenden Begriff, doch er passt zur Einstellung „Besitzen von Tieren“) tun wir es heute noch. Ebenso mit dem Land. Erst recht mit dem Geld. Und das einzig irgendwo verständliche für mich - mit Erbstücken, die der Erinnerung dienen. Denn sie tragen die Energie des Verstorbenen wirklich.
Über das genetische Erbe der Eltern freuen wir uns nicht immer. Schon gar nicht dann, wenn es sich nicht nur um die schönen, blauen Augen handelt, sondern ein Anzeichen für Krebsgefahr, Fettsucht, Diabetes, Krampfadern, oder was alles sonst noch so an „Tendenzen“ vererblich sind. Wahre genetische Defekte sind hier komischerweise nicht so schnell und oft eine Schlagzeilen wert. Doch auch das ist nur eine materielle Sicht, diesmal auf unseren Körper bezogen. Bei den guten und schlechten Manieren sind wir uns mittlerweile recht einig, dass die eher vom Umfeld anerzogen und abgeschaut sind, als wirklich genetisch übertragen.

Doch worauf sollten wir denn unser Auge, unser Herz und unseren Verstand richten, wenn wir an Erbschaften denken? Was ist denn wirklich das Erbe, das uns ein Fundament gibt, das uns im Leben trägt, uns auf alles vorbereitet und uns in eine Richtung weiterbringt, wo wir, einmal am Sterbebett angelangt, sagen können, meine Lebensaufgabe ist erfüllt und das Erbe, das ich weitergebe, wird den nachkommenden Generationen dienen? Nun stellen wir schnell fest, es ist nicht der gute, materielle Start ins Leben und schon gar nicht das, was wir von unseren 85jährigen Eltern kurz vor unserer eigenen Pensionierung erben werden.
Das Wichtigste, was ich von meinen Eltern mitbekommen habe, ist ihre Liebe, die sie mir als Kind geschenkt haben. Ich bin nicht im materiellen Überfluss aufgewachsen, sondern eher genügsam, aber im Geiste recht frei. Sie haben sich nicht um meine Hausaufgaben gekümmert, damit ich mal was ordentliches werde. Auch hatte ich viele Bücher zum Lesen. Ich habe gelernt die Natur zu schätzen, durfte auf Bäume klettern, war sowieso in jeder Jahreszeit draussen und wurde nicht geschont. Sie haben das Leben geschehen lassen, ohne sich zu viel zu sorgen. Aber sie haben mir auch Ängste mitgegeben, mich erzogen in dem, was sich gehört und was sich nicht gehört. Ich habe Traditionen kennengelernt und die Vor- und Nachteile einer einerseits konservativen und andererseits stark verbundenen Gemeinschaft kennen gelernt. Sie haben mir Vertrauen geschenkt und mich meinen Weg finden und gehen lassen. 
Ich weiss wovon ich spreche, wenn ich sage, konzentrieren wir uns nicht auf das irdische Erbe. Lassen wir es los. Ich habe den Flecken Erde, auf dem ich geboren bin, losgelassen. Ich habe mal alle Erinnerungen  materieller Art an meine Kindheit und Jungend zurückgelassen und losgelassen. Es ist nicht beängstigend, wenn die Wurzel des Urvertrauens von den Eltern und Grosseltern an einen weitergereicht wurden. Es ist nicht der materielle Besitz, der dir Sicherheit gibt, sondern das Mass an Vertrauen in mir und in das Leben, das mir den Boden unter den Füssen gibt. Alles Weltliche kann man uns wegnehmen. Alles Wissen, Traditionen, Kräfte und Verbindungen die ins Urvertrauen gehen, bringen Selbstvertrauen in die eigenen Kraft und Stärke, die Selbstentfaltung des Potentials und die Selbstermächtigung über das eigene Leben zu bestimmen. Das ist das Fundament eines erfüllten, erfolgreichen und glücklichen Lebens. 
Das glückliche Leben beginnt mit der Liebe, lebt in der Liebe und endet mit der Liebe. Wir leben im Energiefeld unserer Ahnen weiter, bauen auf ihrem Wissen und ihren Erfahrungen auf und geben unser Wissen und unsere Erfahrung in das gleiche Energiefeld weiter, sobald wir sterben. Das ist das einzige, was wir wirklich vererben. Es ist der Rahmen in dem neues Leben gedeihen kann.

Dienstag den 29. März 2016

Sieglinde Lorz