Wer plant die Zufälle?
Ich bin ja Projektleiterin und das seit langer Zeit. Was gibt es da für mich noch zu erfahren oder zu tun, frag ich mich manchmal. Wir planen wohlwissend, dass es anders kommt. Und wir behalten Recht, nicht mit dem Plan sondern mit dem Wohlwissen.
Seit einiger Zeit faszinieren mich immer mehr die Zufälle. Auch in den Projekten, die ich leite. Ich verlasse mich still und heimlich und mit kindlicher Freude, ich gebe es zu, immer mehr darauf. Macht es doch wirklich Spass zu sehen, wie sie diesmal alles ineinandergreifend regeln werden. Mein Respekt vor ihnen wird immer grösser aber vor allem auch vor dem, der dahinter steckt. Er ist in meinen Augen der genialste Planer, den es gibt.
Und plötzlich habe ich ein Ziel. Ich möchte zum Planer der Zufälle aufsteigen. Jetzt will ich Karriere machen!
Ich fange an darüber nachzudenken, was man denn können muss, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Ich überlege und bekomme Respekt. Puh, was der alles wissen und überblicken muss! Kann das sein? Ist es wirklich so ein anstrengender Job? Das kann ich mir nicht vorstellen. Nur aus grosser Freude kann so viel Freude entstehen und verbreitet werden. Es muss pure Freude sein!
Immer mehr sinniere ich über die Kraft, die dahinter steckt. Ich meine, es ist schier unmöglich, dass einer allein das alles plant und arrangiert. Der Zeitpunkt muss stimmen, es muss die richtigen Menschen, am rechten Ort treffen.
Er macht das bestimmt anders, grundsätzlicher.
Ich weiss es, er schafft einfach die ganzen Möglichkeiten, damit passieren kann, was passieren soll und wir holen uns den Zufall quasi zum richtigen Zeitpunkt ab. Ja, so könnte es sein. Und wenn zwei Personen an dem Zufall beteiligt sind, dann holen sie sich beide gleichzeitig den Zufall ab.
Irgendetwas stimmt immer noch nicht. Wie schaffen zwei oder sogar mehrere diese Gleichzeitigkeit? Ich muss die Sache anders angehen.
Zufall hat ja etwas mit dem Fall zu tun. Das Wort sagt es schon. Und hinter dem Fall steckt eine Kraft. Wenn ich nicht aufpasse und hinfalle, dann wirkt die Anziehungskraft der Erde. Sie bestimmt quasi, wohin ich falle, nämlich auf die Erde. Ich wiederum bestimme durch meine Unaufmerksamkeit oder Abgehobenheit, wann ich falle. Es wirken also zwei Kräfte miteinander. Der Zeitpunkt wird gesteuert durch mich - also dann wenn ich wohl den Ruck brauche. Die Anziehungskraft der Erde ist ortsbestimmend.
Wenn nun die Anziehungskraft den Ort bestimmt und etwas fällt mir zu, dann bin in dem Fall ich der Ort und es ist meine Anziehungskraft die wirkt?! Also bestimme ich nicht nur den Zeitpunkt, sondern sorge auch für den Fall- in meinem Zufall.
Ich fasse zusammen, die Möglichkeit geschaffen von einer grossen, meisterlichen Kraft fällt mir dann zu, wenn meine Anziehungskraft die nötige Stärke hat, diese anzuziehen. Die nötige Stärke hat sie dann, wenn ich sage, die Zeit ist reif. Denn ich bestimme auch diese.
Wer plant nun die Zufälle wirklich? Bin ich das, oder ist das die Kraft, welche überhaupt die Möglichkeit erschafft? Darüber muss ich noch ein wenig nachdenken. Karriere machen ist eben nicht immer nur einfach.
Ich bleibe dran!
Sieglinde Lorz
Samstag den 22. Oktober 2016